Der Branche keinen Dienst erwiesen: Nicht nur zur CeBIT droht Abzocke selbsternannter „Branchendienste“

Die CeBIT ist zwar erst im nächsten Jahr, aber gerade zur Jahresendzeit landen Anschreiben diverser Dienstleister in meiner Post. Darunter sind Messeausstatter, Werbemittel, Hotels in Hannover und auch der Eintrag in den Messekatalog.

Dieses Schreiben legte ich beiseite, denn für den geplanten Messeauftritt gehört der Katalogeintrag dazu. Im unauffälligen Anschreiben der Firma Expo Guide, wurde höflichst um den Abgleich der vorhandenen Daten gebeten, damit der Eintrag im Messekatalog vorgenommen werden kann. Das klang plausibel.

Jedoch die Firma. War es nicht immer die Deutsche Messe AG, die um den Datenabgleich bittet? Haben die ausgesourced? Also die Webseite der CeBIT besucht und nach wenigen Klicks kam schon die Warnung der Messe vor Anbietern sogenannter „inoffizieller Ausstellerverzeichnisse“.

Die Deutsche Messe distanziert sich ausdrücklich von den Geschäftspraktiken dieser Unternehmen!

Zu Recht, denn auf den ersten Blick nicht leicht erkennbar, bewarb Expo Guide hier gar nicht den offiziellen CeBIT-ausriss_branchendienstMessekatalog, sondern offensichtlich ein eigenes Produkt. Hier wurden Bestellformulare für Katalogeinträge versendet, die auf den flüchtigen Blick so aussehen könnten, als stammten sie von der Deutschen Messe AG. Auch werden darin Aussteller aufgefordert, Firmendaten abzugleichen oder richtigzustellen. Kommt man diesem nach, drohen hohe Kosten.

Kein Einzelfall: Diverse Anbieter sogenannter Branchendienste haben den Katalogeintrag als Geschäftsmodell entdeckt und weiterentwickelt. Sie bewegen sich damit in einer Grauzone, am Rande des Betrugs.

Beliebt sind besonders zwei Methoden:

Die „Rechnungs-Masche“
Andere Branchenbuchunternehmen gehen so vor, dass sie unaufgefordert Schreiben verschicken, die einer Rechnung ähneln. Der Hinweis darauf, dass noch gar kein Vertragsverhältnis besteht, sondern dieses erst durch Zahlung des angegebenen Betrags begründet werden soll, wird dabei im Kleingedruckten versteckt. Häufig gehen diese versteckten Hinweise im laufenden Geschäftsbetrieb unter, sodass das Schreiben als Rechnung eingeordnet und bezahlt wird. Teilweise wird auch der Eindruck erweckt, es handele sich um ein offizielles behördliches Schreiben, in dem die Kosten für einen bereits erfolgten Eintrag in ein amtliches Verzeichnis, wie z.B. ein Handels- oder Patentregister, verlangt werden. Dass es sich um das kostenpflichtige Angebot eines privaten Anbieters handelt, geht aus den Schreiben meist nicht hinreichend hervor. Viele Betroffene zahlen die vermeintliche Rechnung.

Die „Korrekturformular-Masche“

Branchenbuchunternehmen versenden Schreiben an Unternehmen, in denen diese aufgefordert werden, ihre Adressdaten für die Eintragung in ein Branchenverzeichnis zu aktualisieren oder zu ergänzen. Erst im Kleingedruckten ist der Hinweis enthalten, dass es sich um ein Angebot handelt, das auf den Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrags gerichtet ist. Die allgemeinen Geschäftsbedingungen sehen dabei häufig eine Mindestvertragslaufzeit von zwei Jahren bei jährlichen Kosten von über 500 € vor. Durch das Gesamtbild des Schreibens wird der Eindruck erweckt, es handele sich um einen bereits kostenfrei veröffentlichten Eintrag in ein Branchenbuchverzeichnis, der lediglich auf seine Richtigkeit und Aktualität überprüft werden soll.

 

Zusätzliche Brisanz erhalten diese dunkelgrauen Geschäfte dadurch, dass auch Postdienstleister betroffen sind. Sofern unseriöse Versender keine eigene Falz-/Kuvertier-/Frankierstraße betreiben, wird ein Externer die Massensendungen verarbeiten müssen. Jeder, der professionell mit Druck und Postverarbeitung zu tun hat, erkennt solche unseriösen Angebotsschreiben sofort und steht dann vor einem Dilemma: Job durchziehen und mit den sehr hohen Auflagen gutes Geld verdienen, oder unsaubere Geschäfte ablehnen. Letztlich wohl eine Frage der Geschäftsethik. Ich würde jedenfalls ungern einem Lettershop meine Postbearbeitung anvertrauen, der parallel für offensichtliche Betrüger arbeitet.

Wie mir Branchenkenner – die nicht genannt werden wollen – berichteten, begeben sich manche Dienstleister auch wirtschaftlich auf dünnes Eis. Die Zahlungsmoral der dubiosen Branchendienste sei nur sehr schwach ausgeprägt. Nicht selten werden nicht nur die Sendungsempfänger mit den Katalogeinträgen getäuscht, sondern gleich auch noch die Postdienstleister wie z.B. Lettershops geprellt. Deren Rechnungen werden dann nicht bezahlt, was z. B. bei verauslagtem Porto und den Massenauflagen richtig ins Geld gehen kann. Da die Auftraggeber – schon hieran erkennt an seine Kameraden – fast immer mit Briefkastenfirmen, ausländischem Geschäftssitz oder undurchsichtigen Firmenverpflechtungen arbeiten, ist eine gerichtliche Durchsetzung von Ansprüchen dann fast immer unmöglich.

Manche Dienstleister machen sich aber auch zu Komplizen der Branchendienste und arbeiten eng mit diesen zusammen. „Hier sind wahre Netzwerke entstanden“, wie mir Insider berichteten.

In einem Folgebeitrag erfahren Sie bald mehr über die gültige Rechtsprechung und erhalten wertvolle Hinweise für konkrete Hilfe.

 

 

Ein Kommentar

  1. Oh ja, solche Briefe kenne ich. Die kommen auch gerne direkt in Verbindungen von Neueinträgen oder Änderungen beim Amtsgericht. Vom Layout her erscheinen sie offiziellen Schreiben sehr, sehr ähnlich.

    Was für „Netzwerke“ sind da entstanden?

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